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MARATHON IM LEICHENEXPRESS

Ein Reality-Road-Movie von Krazee Kar Kustomizin` (Ingo Marx & Wolfram Schneider)

Es liegt schon einige Jahre zurück, daß ich mit meinem Kumpel Wolfi den ersten C-Rekord-Bestatter gekauft habe, um ihn gemeinsam flottzumachen. War leider nix, denn die Kiste war grottenschlecht! Egal! Verkauft, zu Rappold nach Wülfrath gefahren und den nächsten angelacht. Diesmal Rekord E, dunkelrot, Rappold-Aufbau (einige von Euch werden ihn bereits kennen).

Im Rahmen seiner Restauration wurde das Opel kaufen, Opel schlachten, Opel-Teile sammeln stets umfangreicher, so daß wir inzwischen als Opel-Privatschrauberei in unserer Gegend bekannt sind.

Naja, was ich eigentlich erzählen wollte, begann mit Wolfi´s Idee, mit seinem Rekord Caravan eine Woche Urlaub am Bodensee zu verbringen - erster Langstreckentest unseres Neuzugangs, bedingt durch den Spontanausfall von Wolfi´s Alltags-Vectra.

Nach überstürzter Notzulassung (Zulassungsstelle: Wieviel muß ich Ihnen zahlen, damit Sie uns jetzt (30 min. nach Dienstschluß freitags um 11.30) noch drannehmen..?) und einem gemütlichen SchrauberABEND vor der großen Tour (um sechs Uhr in der Frühe war ich dann zuhause...) ging´s los.

Keine zwei Tage später rief mein Kumpel mich an und erzählte mir, die Pension, in der er übernachtete, gehöre einer älteren Dame, deren Mann bis zu seinem Tod (1986) ein paar Opel-Teile gehortet hatte. Für einen vergleichsweise geringen Obolus könne Wolfi sie mitnehmen.

Da nicht alles in den Rekord paßte (die paar Teile stellten sich als ein Umfangreiches Teilelager heraus, daß in wohl über 20 Jahren angesammelt wurde), war sofort klar: hier muß der Rappold ´ran!

Lange ´rumgestanden, höchstens mal aus der Garage um den Block gefahren worden, war das wohl seine übelste Woche, seit ich ihn habe. Sonntags Pflichtprogramm: Schwarzfahrertreffen 2000 in Hagen (ca. 350 km), donnerstags mit meinem Bruder zum Billy-Regal-Ausverkauf von IKEA ( nochmal ca. 300 km mit Verfahren und Einbahnstraßen-Roulette) und freitags: BODENSEE!

Wir hatten uns bereits morgens getroffen, um den Bestatter für die kommenden ca. 1400 km fit zu machen und kamen auch bereits um ca. 17.30 in Hachenburg los.

Die Hinfahrt verlief eigentlich ohne weitere Probleme. Das Wetter war bis auf den Regen erträglich (?), der Tank voll, Kippen und Eistee ausreichend vorhanden und Wolfi und ich guter Dinge. Die Erlebnisse, die Bestattungswagenfahrer an Tankstellen, bei Mc Donald´s und auf Rastplätzen haben ("Wolfi, hol´ mal die Kühlbox aus dem Sargraum..."), kennt Ihr ja sicherlich bereits.

Aber kennt Ihr auch das Problem, nirgends einen geeigneten Parkplatz zum Schlafen zu finden? Zwei Stunden haben wir uns in den 20-Seelen-Käffern um Ravensburg ´rumgetrieben - nix! Bushaltestellen, Privatparkplätze, eine Grillhütte, in der ein 50.er Geburtstag stieg, Altenheime etc. Alles nicht so ideal, schließlich wollten weder wir jemanden verletzen, noch von Besoffenen verletzt werden. Friedhofsparkplatz wäre auch etwas pietätlos. Also: Weitersuchen.

Endlich ein gemütliches Plätzchen am Ortsrand gefunden, begann unsere ersehnte Ruhephase im Hotel Leichenheim. Sie hörte allerdings nach ca 3 1/2 Stunden wieder auf, als Wolfi mich anstieß, weil er Stimmen in nächster Nähe hörte. Stimmt, bei Tage sah unser Schlafplatz tatsächlich verdammt einem Sportplatz ähnlich... Die örtlichen Kickers, die sich wohl samstagsmorgens da treffen, waren den Anblick eines Bestattungswagens auf ihrem Terrain nicht gewöhnt... Ihr könnt Euch vorstellen, wie begeistert die waren, als plötzlich die Heckklappe aufging und zwei -nicht scheintote, sondern völlig übermüdete- schwarze Gestalten herauskamen, sich in die Fahrkabine begaben und davonfuhren. Ich glaube, mit einem UFO hätten wir nicht mehr Eindruck hinterlassen können!

Nachdem wir uns an diesem Tag in Ravensburg das Geld für die Heimfahrt verdient hatten (KFZ-Reinigungsservice!), ging es zur besagten Pension. Dort hatte man noch weitere Dinge entdeckt, die man bei Wolfi´s letztem Besuch vergessen hatte zu erwähnen. Also: wieder hoffnungslos, alles mitnehmen zu können. Bestatter vollgeladen mit allem, was ´reinging und tschüß bis zum nächsten Mal (Dann am besten mit Rekord Caravan, dem Bestatter UND dem Westfalia-Anhänger...).

Nach gemütlichem Abendmahl machten wir uns auf den Weg. Zwar waren wir beide ziemlich geschafft, doch der Rest stimmte: Tank voll, Kippen, Eistee, gute Laune, gute Musik. On the road again.

Zwei Stunden später schlug die Müdigkeit zu. Blinker rechts, Raststätte! Hat auch ´ne gute Stunde gedauert, bis daß zumindest einer von uns beiden wieder Lust zu Fahren hatte. Haben wir auch gemacht! 500 Meter! Danach rannte die Kiste wie wahnsinnig und machte Geräusche wie ein Weltempfänger: Auspuff verloren! Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man 15 neue (!) Opel-Auspuffanlagen im Sargraum vergraben hat und die einzige unter dem Auto verliert - nachts um drei Uhr bei strömenden Regen auf einer Raststätte mit einem fast überladenen Bestatter, dessen Niveauregulierung sich wohl ziemlich verarscht vorkam.

Da saßen wir nun und überlegten, was zu tun war. Es regnete, also kam es zumindestens auf einen Versuch an: Handtuch genommen und mit Panzertape um den Auspuff gebunden. Hat leider so lange gedauert, bis daß der Regen aufhörte... Die nächsten drei Kilometer war Ruhe, danach sind wir dann mit brennendem Leichenwagen auf dem nächsten Parkplatz geflogen. Diesen Auftritt fand ich eigentlich noch viel gelungener als das böse Erwachen auf dem Sportplatz. Was glaubt Ihr, wie Menschen auf einem Rastplatz applaudieren, wenn nachts ein brennender Bestattungswagen mit Festbeleuchtung (Positionslampen am Aufbau) dahergeflogen kommt und zwei dunkle Gestalten aussteigen und - mit dem Ernst der Lage gerade in diesem Moment hoffnungslos überfordert - knochenhart anfangen zu lachen..? Auch die Tatsache, daß da MEIN Leichenwagen dampfte, änderte nichts an dieser albernen Phase der Müdigkeit. Es brannte dann auch irgendwie zuende, ohne dem Auto wesentlichen Schaden zuzufügen und der Auspuff hing wieder unten.

Naja, wir hatten ja schon Einiges an Eistee bewältigt, so daß die leeren Dosen nach einem neuen Job riefen. Ich hätte nie gedacht, wie gut die Scheren aus dem Kfz-Verbandkasten sind! Weißblech? Kein Problem. Nur wie befestigen? Die Idee mit den Handschellen, die ich üblicherweise am Innenspiegel habe, wurde direkt wieder verworfen, weil zu instabil. Notdürftig restaurierte Wolfi eine der Auspuffschellen und zimmerte die "Liptonice" um das Auspuffrohr. Nach diesem Intermezzo - wir waren bereits wieder kurzfristig wach - ging´s dann endlich weiter. Jetzt gab´s nix wie nach Hause kommen. Müdigkeit wurde mit lauterer Musik und Amok-Rauchen bekämpft, ab und zu mal das Fenster ´runtergedreht und das Regenwasser eingeladen.

Ab Bad Camberg spielte das Orchester im Motorraum dann nicht mehr mit voller Besetzung - ein Zylinder hatte sich ausgeklinkt - aber egal! Heim! Ja, und dort kamen wir auch morgens um sechs Uhr an.

Home again! Wir beiden völlig durchnäßt und erkältet, der Bestatter hatte seine Nockenwelle endgültig aufgegessen und die Tachowelle ging auch zwischendurch den Weg des Irdischen.

War trotzdem irgendwie klasse und reiht sich ein in die TopTen unserer unzähligen Auto/Teile-Hol/Wegbring-Aktionen. Viel Streß aber auch viel gelacht.

Ach, ja! Braucht noch irgendjemand Opel-Ersatzteile? Wir holen den Rest vom Bodensee auch noch irgendwann. Schließlich ist der Rappold wieder fahrbereit und die neue Nockenwelle schreit nach Arbeit...

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Letzter Update: 02 Januar 2011