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Tom Utriainen aus Finnland und wie man in Finnland einen Bestatter kauft

Also 1994 war ich auf einer dreimonatigen Computerschulung und wenn man drei Monate neben jemandem sitzt spricht man über dieses oder jenes. Der Kollege der neben mir saß hat eine Frau die ein kleines Bestattungsunternehmen betreibt.

Als sich das herausstellte, fragte ich vorsichtig mit was die Verstorbenen denn zur letzten Reise gehen. Irgendwie hatte ich so das Gefühl es lohne sich und außerdem bin ich an außergewöhnlichen Autos interessiert. Ilpo sagte wir haben da schon seit 20 Jahren so einen uralt Dodge. "Verkauf mir den", tönte es aus meinem Mund und ich weiß nicht wer von uns beiden mehr überrascht war. Die Antwort war ein höfliches Nein, wegen kaum Gebrauches lohne es sich nicht ein neues Fahrzeug anzuschaffen und außerdem funktioniert der Alte tadellos. Jahrelang habe ich immer mal wieder mit Ilpo telefoniert und Weihnachtskarten verschickt um ihn am Ende immer wieder zu erinnern: "Wenn ihr den Leichenwagen verkauft ruf mich zuerst an".

Eines Tages schellt plötzlich das Telefon und Ilpo war dran. Nach einer Weile sagte er ganz schiniert: "Du Tom, war Dir das ernst mit dem Leichenwagen. Freilich wieviel Geld bring ich denn mit? Schau dir den doch erst mal an du hast ihn ja noch gar nicht gesehen! Brauch ich nicht weiß wie der aussieht. Der stellt aber immer ab und in der Werkstatt haben die es nicht hingekriegt, irgend was am Vergaser. Macht nichts, ich komm gleich vorbei, Tschüß".

Das Fahrzeug war wie neu abgesehen von einer durchgerosteten Stosstange. Probefahrt, das Ding stellt wirklich ständig ab und schießt in den Vergaser. Preisverhandlung, ich möchte meinen Kollegen nicht verärgern aber ich bin knapp mit Geld. "Wieviel möchtest Du für den Wagen? Weiß nicht, mach ein Angebot." Die Lage war so, gerade der erste Wintereinbruch und in Finnland kauft keiner einen Ami und schon gar nicht einen Bestatter, im Winter. "Fünftausend"! Stille. "Also etwas mehr hat meine Frau schon erwartet. Tut mir leid ich habe nicht mehr locker. Na überlegs dir noch mal wir rufen dich abends an, Tschüß." Ich ab auf die Bank und den Saldo überprüfen, leider war kein Wunder geschehen und mehr als fünftausend nicht drin. Abends klingelt das Telefon und Ilpos Frau unbekannterweise am Apparat. Da kam eine Litanei wie gut der Wagen ist und so weiter.

Ich konnte nur zugeben daß er gut war aber trotzdem wird das Geld nicht mehr. Fingerspitzengefühl sagte mir daß ich ganz nah dran bin. Geistesblitz, Ilpo ist nämlich Waffenfan! "Hör zu ich hab eine fast neue 357 Magnum, Smith und Wesson in Rosterausführung, geht die im Eintausch und auf die Quittung könnt ihr schreiben was ihr wollt. Ausserdem könnt ihr den Wagen von mir borgen wenn der Neue streikt". Genuschel am anderen Ende. "Okay komm Morgen das Geschäft abschließen, Tschüß". Meine Frau: "Was hast du denn jetzt wieder gekauft. Leichenwagen. Du spinnst wohl, wir haben kein Geld und du kaufst einen Leichenwagen, usw." Die Worte wurden dann besiegelt mit: "Der kommt nicht auf unseren Hof". Zum Glück unterstützten die drei und fünfjährigen Söhne mein Tun. Unserer Tochter mißfiel der Kauf natürlich auch.

Am Morgen nichts wie den Wagen abholen, springt nicht mehr an (zur Freude meiner Frau). Also Anhänger und Geländewagen leihen und Wagen nach Hause schleppen. 27 Grad Kälte und ich schraube den Vergaser im Schneesturm ab und bringe ihn in eine Spezialwerkstatt. Die machen ihn in Ordnung und ich schraub ihn wieder drauf. Schau her er läuft (frohlock mit Regentanz meinerseits). Neue Zulassung erledigen und alles klar. Drei Wochen später TÜV, geht durch ohne Beanstandung. Der Beamte will gerade den Stempel erneuern als plötzlich: "Der ist ja auf Privat zugelassen. Ja freilich. Das geht aber nicht. Wieso den nicht? Privatpersonen dürfen keinen Leichenwagen besitzen!!! Vor drei Wochen habt ihr den doch zugelassen!?! Geht nicht, basta und aus. Sie müssen das Fahrzeug umgehendst als PKW registrieren und eine Rückbank einbauen. Was!! In vier Jahren wird das Auto dann aber nicht als Leichenwagen im Historic Register eingetragen! Nein, natürlich nicht weil das dann ein PKW ist. Ja ihr spinnt wohl, ihr könnt mich doch nicht zu so etwas zwingen! Doch das können wir und werden wir, 2 Wochen Zeit! Muss das Fahrzeug denn auf ein Bestattungsunternehmen registriert sein? Steht nicht in den Paragraphen aber privat geht auf keinen Fall". Also ich ab aufs Zulassungsamt und melde das Fahrzeug auf meine Taxifirma an. Zurück zum TÜV. "So schnell baut man keine zufriedenstellende Rückbank ein. Ich bin nicht Besitzer sondern nur Halter". Zähneknirschend bekam unser Goldstück den ersehnten Stempel und wenigstens einmal im Leben ist es mir gelungen einen sturen Beamten außer Gefecht zu setzen.

Unsere Söhne hatten ein Märchenbuch und da war so ein böser Zauberer namens Häijy Väijy, frei übersetzt gemeiner Wüstling, so haben die Buben unser Auto dann getauft.

Seither sind wir glückliche Besitzer eines Bestattungswagens, meine Frau ist inzwischen auch Fan, und wir werden uns kaum mehr davon trennen.

Tom und Anne

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Letzter Update: 02 Januar 2011